Seit 1985 besteht der Auftrag des Bundes, Mensch und Umwelt vor Strassenlärm zu schützen. Erst 2011 hat die Stadt Zürich allerdings ernsthaft damit begonnen, diese Aufgabe mit Massnahmen an der Quelle, also Tempo 30 und lärmarmen Beläge, zu prüfen. Und das eigentliche Umdenken hat erst 2020 stattgefunden, nachdem deutlich wurde, dass kein Strassenprojekt, aber auch kein Hochbauprojekt entlang von lärmbelasteten Strassen, ohne Berücksichtigung der Lärmsanierung mehr hätte realisiert werden können. Mit Abstimmung über den kommunalen Richtplan Verkehr wurde das Umdenken politisch verankert und mit dem Geschwindigkeitsplan des Stadtrates konkretisiert.
Das viel zu lange und unverständliche Zuwarten des Stadtrates - immerhin leben in der Stadt Zürich 140'000 Menschen mit zu viel Lärm - wirkt nun auch in die Umsetzungsplanung hinein. Zwar wird nun erstmals systematisch darüber nachgedacht, wie denn das Verkehrssystem zu organisieren sei, wenn das Tempo an vielen Strassen reduziert wird. Das betrifft insbesondere Fahrplananpassungen durch grossräumige Temporeduktionen. Von daher betritt die Stadt Zürich tatsächlich Neuland.
Aber die Strassenprojekte der letzten rund 5 Jahre, wo eine Planauflage nach § 16 Strassengesetz schon stattgefunden hat, werden nun einmal mehr nicht bei der Planung berücksichtigt. Dabei sind es Strassen, wie die Schweighofstrasse – mitten in einem Wohnquartier, 770 Lärmbetroffene und auch Verdichtungsgebiet – die erst irgendwann dann einmal einen Schutz vor Strassenlärm erhalten sollen. Oder die Badenerstrasse zwischen Albisriederplatz und Lochergut - knapp 1000 Personen mit Lärmbelastungen über dem Alarmgrenzwert und Quartierzentrum – muss weiterhin auf Tempo 30 warten. Oder auch eine Militärstrasse, eine kommunale Strasse mitten im Ausgangsquartier soll offenbar noch nicht Tempo 30 erhalten. Da wirkt es schon beinahe zynisch, wenn im Konzept erwähnt wird, dass diejenigen Strassenabschnitte mit den meisten lärmbelasteten Personen prioritär angegangen werden sollen. Mit dem Umsetzungskonzept werden damit gute Grundlagenpapiere, wie die Lärm-Anwohner-Dichte-Karte (wo sind wie viele Personen wie stark vom Lärm betroffen) oder Festlegungen des kommunalen Richtplans Verkehr schlicht und einfach ignoriert.
Der VCS wird nun die Umsetzung weiterhin begleiten und auch gerade dort Nachbesserungen verlangen, wo viele Personen stark vom Strassenlärm betroffen sind.